Nicht alle Werke sind von langer Hand geplant. Manche nehmen erst Gestalt an, nachdem die Kraniche schon gefaltet sind. Aber in jedem Werk steckt eine gewaltige Arbeit mit langer Ausdauer und viel Liebe zum Detail.
Manchmal geht es los mit einer groben Idee und manchmal ist es auch nur eine einzelne Farbe oder ein einzelnes Papier. Und selbst wenn die Idee schon von vorneherein klar ist, ist es oft noch ein schwieriger Prozess das richtige Papier zu finden.
Ein wichtiger Bestandteil des Prozesses sind immer die entsprechenden Farbstudien. Denn auch wenn zwei Farben für sich genommen das richtige Gefühl ausdrücken, so können sie zusammen doch ganz anders wirken – geschweigedenn in der Kombination von zehn, zwanzig oder mehr Farben.
Auch die Farben für den Hintergrund und Akzentfarben wie Gold müssen mit Bedacht gewählt werden.
Die Auswahl des richtigen Papiers ist hierbei entscheidend. Neben Farbe sind auch andere Faktoren entscheidend für den Gesamteindruck:
Viele dieser Faktoren lassen sich nur schlecht von Bildern oder Beschreibungen ableiten und da das meiste Papier direkt aus Japan kommt, ist es immer wieder eine gute oder schlechte Überraschung, das erste Blatt einer neuen Sorte in Händen zu halten.
Sind die richtigen Papiere gefunden, kann es noch nicht ganz losgehen mit der Falterei. Insbesondere hochwertiges Papier, welches in Japan noch heute in Handarbeit entsteht, kommt meist in großen Bögen, welche erst noch zugeschnitten werden müssen.
Das klingt zunächst einfach, gestaltet sich jedoch auch als langer Arbeitsschritt, bedenkt man, dass aus den Bögen Hunderte einzelne, nahezu perfekte Quadrate entstehen müssen. Ist das Papier nicht gleichmäßig und exakt zugeschnitten, bekommen die gefalteten Kraniche verschobene Flügel, seltsame Hälse oder abstehende Faltungen.
Auch die richtige Größe der Kraniche spielt eine Rolle in der Gesamtkomposition. Gleiche Größen lassen Farben stärker gemeinsam wirken, während Größenunterschiede den Kontrast zwischen unterschiedlichen Farben und Strukturen betonen. Die meisten verwendeten Kraniche werden aus zwischen 3 und 6 cm großem Papier gefaltet.
Ist das Papier in kleine Quadrate zugeschnitten, kann es losgehen mit dem Falten. Oft werde ich gefragt, wie lange es dauert einen einzelnen Kranich zu falten.
Die tatsächliche Dauer ist stark abhängig von den Eigenschaften des Papiers, insbesondere die Falzen von schweren, harten Papieren, welche für die Nachahmung von Gestein genutzt werden, brauchen besonderen Druck und teilweise sogar kleine Falthelfer, um die Finger beim Glattstreichen zu schonen.
Insgesamt dauert es zwischen 100 und 300 Sekunden einen einzelnen Kranich zu falten. Nach Tausenden Faltungen ist das aber schon vollständig ins Muskelgedächtnis übergegangen.
Kein Wunder also, dass es teilweise Jahre dauert bis genügend Kraniche zusammen sind für ein einziges Werk. Für eins der ersten Werke mit über 3000 Kranichen waren es tatsächlich 3 Jahre.
Die Aufbewahrung und Sortierung der Kraniche stellt dabei übrigens nochmal seine ganz eigene Herausforderung dar.
Nur mit dem richtigen Rahmen kommen die Kraniche auch richtig zur Geltung und drücken die Intention des Werkes richtig aus. Hier gilt es erneut aus Hunderten unterschiedlichen Möglichkeiten zu wählen. Jeder verwendete Rahmen ist eine Einzelanfertigung, die genau auf die Komposition abgestimmt ist in allen seinen Eigenschaften.
Auch die Dicke und das Glas des Rahmens sind entscheidend: Ist mehr Platz zwischen Glas und Rückwand, müssen die Kraniche entweder größer, härter oder einfach mehr werden, um die Komposition in Position zu halten.
Als Glas wird ausschließlich Galerieglas der höchsten Qualität verwendet – besonders wichtig ist dabei der UV-Schutz. Denn egal wie hoch die Qualität des Papiers ist, so verändert Sonnenlicht auch die kräftigsten Farben.
Ist der Rahmen gebaut, kann es losgehen: Nach dem eigentlichen Falten ist das Anordnen der zweitaufwändigste Schritt.
Nicht nur gilt es jeden einzelnen Kranich perfekt in Position zu bringen, sondern auch die Gesamtkomposition muss permanent verfolgt werden. Ähnlich zu einem Künstler, der aus Tausend Strichen ein Bild erstellt, muss jeder Kranich mit Bedacht gewählt und geschickt positioniert werden.
Dabei handelt es sich immer noch um kleines gefaltetes Papier – zu viel Druck kann einen ganzen Bereich verschieben – aber zu wenig Druck führt dazu, dass sich nach dem Schließen des Rahmens die Kraniche umverteilen und die Komposition zerstören.
Ein unterschätzter Faktor ist auch, dass idealerweise nur die Vorderseite der Kraniche zu sehen ist, um ein ebenmäßiges Farbspiel zu erzeugen. Da die einzelnen Kraniche sich mit ihren Flügeln, Hälsen und Schänzen aber gerne gegenseitig drehen oder überdecken beim Setzen, wird dies schnell zum Geduldsspiel, welches viel Fingerspitzengefühl erfordert.
Größere Werke zu komponieren kann dabei mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Nach all der Arbeit gilt es im letzten Schritt nur noch den Rahmen zu versiegeln.
Besonders spannend ist dann das erste Aufrichten aus der Horizontalen in die Vertikale. Sind an irgendeiner Stelle die Kraniche nicht gut genug platziert, zu wenige an einer Stelle oder das Papier zu weich gewählt, kann die ganze Komposition verrutschen und das Legen muss von vorne beginnen.
Da das Werk die ganze Zeit auf der Glasseite lag, lässt sich die Komposition während des Legens auch nur schwierig bis gar nicht überprüfen. Es ist überraschend, wie unterschiedlich die Frontansicht und die Rückansicht wirken, aufgrund der Ausrichtung der Kraniche.
Daher ist dieser Moment immer ein ganz besonderer, wenn das Werk nach Hunderten Stunden Arbeit zum ersten Mal in seiner vollen Pracht zu sehen ist.